Freitag, 12. März 2010

Mädchen in Uniform – Wege aus der Selbstverwirklichung von René Pollesch

Kurz und knackig, von Theaterstücken dieser Art bin ich ein großer Fan. Doch nicht nur die erfrischende Kürze macht Polleschs „Mädchen in Uniform – Wege aus der Selbstverwirklichung“ zu einem einmaligen Theaterabend. Tolle Schauspieler – trotz Sophie Rois‘ teilweise fast nerviger, kreischende Stimme – und ein tolles Bühnenbild. Herauszustellen ist der Chor, der in eindrücklicher Weise Gleichschritt, Uniformierung und gleichzeitig genau das Gegenteil, nämlich Selbstverwirklichung, darstellt. Tolle Arbeit auch von Seiten der Dramaturgie. Alles sehr stimmig. Ich mag die Idee sehr, die Theorie rund um das Theater und Fragen nach beispielsweise der Kontrolle des Schauspielers über die Figur und nach der Gradwanderung zwischen Schein und Sein, die mit diesem Beruf einhergeht, auf der Bühne selbst zu thematisieren. Allein der Spiegel auf der Bühne gibt dem Stück eine theoretische Facette, die ich bei vielen anderen leider oft vermisse. Ich bin mit einem tollen Gefühl nach Hause gegangen, an- und aufgeregt durch die vielen Denkanstöße, die Pollesch dem Zuschauer gibt. Er hat es geschafft, mir eine besondere Art von Realität zu vermitteln, sodass ich bis zu dem Zeitpunkt, als ich das Theater verließ, nicht wirklich wusste, ob das Stück zu Ende ist, oder ob ich gerade Teil der Ausweitung des Bühnengeschehens auf das Publikum bin. Meiner Meinung nach wäre es nur konsequent gewesen, hätte der vermeintliche Schlussapplaus noch zum szenischen Geschehen gehört. So hatte das Konzept voll aufgehen können und der Blick des Zuschauers wäre komplett auf sich selbst und sein Verhalten zurückgefallen. Auch wenn ich es schade finde, dass Pollesch sich das hat nehmen lassen (vielleicht erachtete er es einfach als zu platt?), war der Abend großartig und unter all den Stücken, die ich bis jetzt gesehen habe, ziemlich einmalig.

Frederieke Köver

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