Donnerstag, 1. April 2010

Punk Rock

25.03.10 Schauspielhaus

Endlich Frühling. Die Rahmenbedingungen für eine Premiere waren optimal. Die Theatergäste standen vor Beginn des Stückes vor dem Schauspielhaus und tranken ein Bierchen an einem der ersten lauen Frühlingsabende. Und Gäste waren viele da. Es zeigte sich mal wieder, dass Premieren etwas besonderes sind. Ich war sehr gespannt, da ich sowohl den Titel des Stückes, als auch die Kurzbeschreibung interessant fand. Jugendliche auf der Suche nach Abgrenzung und
Selbstfindung. Immer ein interessantes Thema, mit dem sich fast jeder Mensch auch in seinem eigenen Leben beschäftigen muss.
Das Stück dreht sich um eine Gruppe Jugendlicher, die allesamt auf eine englische Privatschule gehen und kurz vor dem Abschluss stehen. Dabei gibt es ganz unterschiedliche Charaktere. Cissy, die alle Anstrengung in das erreichen guter Noten legt, da sie denkt, nur so diesem Ort entfliehen zu können und ansonsten keinen Charakter zu haben scheint. Als Freundin von Bennet schafft sie es nie diesen in die Schranken zu weisen, wenn er mal wieder seine Mitschüler schikaniert. Der Introvertierte Chaddy, der das Opfer von Schikanen wird und in seiner eigenen Welt zu leben zu scheint und der sensible William, der sich in Lilly verliebt, die neu auf die Schule kommt.
Und genau diese Lilly bringt Unruhe in das Leben der Schüler und entlarvt die zwischenmenschlichen Beziehungen junger Leute als fragiles Gebilde. William verliebt sich unsterblich in Lilly und muss dann erfahren, dass diese aber mit einem anderen Mitschüler zusammen ist. Er kann es nicht glauben, stellt sie zur Rede, sagt, dass es doch so schön zwischen ihnen war und das es doch etwas besonderes sein müsse. Sie entgegnet, dass sie ihn sehr mag, aber einen Mitschüler liebt. Wahrlich ein einschneidender Moment für William. Das Leben des Jungen gerät völlig aus dem Gleichgewicht. Daniel Wahl zeigt im Folgenden sehr gut auf, wie wenig das Leben von Jugendlichen oft gefestigt ist, wenn in den Jahren des erwachsen werdens Probleme auftauchen.
Es brechen Konflikte zwischen den Jugendlichen aus, die fast in Gewalt münden. Nur knapp schaffen es die Halbwüchsigen eine Schlägerei zu verhindern. Die derbe Wortwahl, der sich die Jugendlichen bedienen, zeigt gut, in was für Extremen man sich in diesem Alter bewegt. William verliert immer mehr den Halt, hört Stimmen und auch Aggressionen kommen zum Vorschein, als er mit Bennett aneinandergerät.
Es kommt wiederholt zu Extremsituationen. Chaddy wird von dem Draufgänger Bennett gedemütigt und die strebsame Cissy bricht aufgrund einer zwei zusammen, da sie Angst vor ihren Eltern und der Zukunft hat.
Enden tut das Ganze in einem Amoklauf von William, der nicht wusste, wie er mit dem Liebeskummer umgehen sollte. Hier schneidet der Regisseur ein sehr aktuelles Thema an. Amokläufe. Diese Erscheinungsform der Gewalt war bis vor ein paar Jahren ein eher amerikanisches Phänomen, welches leider auch nach Deutschland überschwappte und immer wieder zu Diskussionen führt, welches denn die Gründe für diese Gewaltausbrüche bei Jugendlichen seien. Bilder an Winnenden werden bei dem Zuschauer wach. Eine Antwort hat auch dieses Stück nicht parat, was durchaus angenehm ist. So maßt sich der Regisseur nicht an eine genaue Lösung anbieten zu können. William antwortet auf die Frage „warum?“. „Ich habe es getan, weil ich konnte.“ Diese Aussage impliziert, dass die Gründe für Gewaltausbrüche vielfältig sind.
Die eingangs erwähnten verschieden Charaktere wirken teilweise klischeebeladen. So hat Chaddy als Opfer die obligatorische Brille, rennt lesend durch die Gegend und kennt sich vorzüglich mit Mathematik aus. Trotzdem kann man den einzelnen Charakteren durchaus etwas abgewinnen und das Leben im Mikrokosmos Privatschule hat seinen Reiz für den Zuschauer.
Interessant an diesem Amoklauf ist, dass er von jemanden begangen wird, der der gehobenen Mittelschicht angehört und alle Möglichkeiten im Leben hat. Der Regisseur sucht also nicht die Antwort auf Probleme Jugendlicher in deren sozialem Stand. Auch die Mittelschicht hat Probleme!
Das Bühnenbild war eher einfach gehalten und auch an Kostümen war bei dieser Thematik nichts notwendig. Schauspielerisch wussten alle Akteure zu überzeugen, wobei William, gespielt von Sören Wunderlich, am besten gefiel.
Es war ein recht gelungenes Stück, wobei ich denke, dass dieses Thema noch mehr hergegeben hätte, wenn noch ein wenig tiefer in die Materie Jugend eingetaucht wäre. So kommen die Sinnsuche und Abgrenzung doch nicht so zum Vorschein, wie es die kurze Stückbeschreibung erahnen lässt. Viel dreht sich im Stück um normales, pubertäres Verhalten, wie überzogenen Liebeskummer, Angst, Mobbing und Geltungssucht. Nur in Phasen schneidet der Regisseur die Ängste und die Selbstfindung der Jugendlichen an, zum Beispiel wenn die Schülerin anfängt zu weinen, da sie denkt aufgrund der zwei diesen Ort niemals verlassen zu können. Was dem Regisseur Daniel Wahl gelungen ist, ist zu zeigen, dass es gar keiner Gewaltspiele am PC bedarf, oder einer schweren Kindheit um einen Amoklauf zu begehen, sondern das in diesem Alter verschiedenste Gründe zu Verzweiflung und Gewalt führen
können.

Patrick Rausch

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