Dienstag, 23. März 2010

Baal an Mutter, bitte kommen!

- Ein assoziativer Kommentar von Julian Struck -

22.03.2010, Malersaal, Deutsches Schauspielhaus in Hamburg

Hallo Mama,

ich hab Mist gebaut. Ja, ich war unartig. Das hätte alles nicht passieren dürfen. Die Party gestern im Malersaal war noch sehr lang. Teil III nach der Party hätte sich mein Analytiker Weiss in seiner ansonsten gelungenen Inszenierung vielleicht sparen können. Da war Katerstimmung. Wobei daran war auch die Polizei schuld. Aber dazu später mehr. Manchmal sollte man vielleicht doch auf die Polizei hören und aufhören, wenn es am schönsten ist.
Hab wieder ziemlich viel gesoffen. Nein, gekokst diesmal nicht. Natürlich wurden Körperflüssigkeiten ausgetauscht, Mädels warn ja auch da. Na, da bleibt das halt nicht aus. Ich mein, also, nicht was du jetzt denkst. Es ist nicht das, wonach es aussieht. Nein, ich hab ihr nicht wehgetan. Ich hab niemand und niemandem niemals wehgetan. Jedenfalls nicht bewusst. Das war ein Unfall. Hab mich doch nur nach einem fremden Busen gesehnt. Hab mich dann auch wieder reingewaschen, damit ich auch ja schön sauber bin.
Ob ich schizophren bin? Das musst du meinen Psychoanalytiker fragen. Kennst du diesen Film von Hitchcock, den mit Ingrid Bergmann, wo der Psychiater selbst nicht mehr weiß, wer er ist? Das frage ich mich auch manchmal. Who the fuck is Baal? If you don't know me by now.
Baal, wer bist du? Fragt mich der Analytiker. Ich lege mich in die Badewanne und antworte nicht. Ich träume.
Bin ich so schillernd wie diese glitzernden Anzüge, die sie alle tragen oder habe ich eine Identität, eine personal identity? Die Rasterfahnder, die hinter mir her sind mögen sie kennen, sofern ich nicht durchs Raster falle. Weil ein Mörder bin ich nicht, oder? Sie sind hinter mir her. Doch die Lämmer schweigen. Ich lege mich ins feuchte Laub. Nackt. Im Wald. Allein. Ich habe den Glauben verloren, aber Antichrist bin ich nicht.
Ein Antiheld. Verloren habe ich mich. Mein ICH habe ich verloren. Ich bins doch nur, der kleine Baal. Ich wache auf und bestell mir noch ne Flasche von diesem billigen Fusel. Wir singen, ich singe mir die Depression und den ganzen andern shit vom Leib, von der Seele. Meine Kehle ist trocken. Ich schmecke. Nichts. Das war es, mein Zeitraffer, mein Midsommernachtstraum. Die Grillen zirpen und die Sirene, sie heult.
Dann ging alles ganz schnell. Die Polizei versteht aber auch keinen Spaß. Die Party wurde vorzeitig beendet. Schade, war doch so schon schön da im Foyer mit den anderen Zuschauern. Ich war nicht allein. Ich entschuldige mich für die Ruhestörung. Das Funkgerät knistert. Ich höre. Nichts. ICH hat den Anschluss verloren. Funkstörung. Kein Anschluss unter dieser Suchanfrage. Nur ein Surren. Mama, wo bist du? Bitte komm! Ich kann nicht mehr kommen. Sie suchen mich noch immer. Ich bin schuld. Tschuldigung.

BAAL

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