„Bambi lernt fürs Leben“. Die so betitelte Plakataktion des Theaters Freiburg nutzt die orange kostümierte Kunstfigur, um an sozialen und politischen Schauplätzen des realen Lebens die Aufmerksamkeit der Zuschauer durch die leichte Irritation zu kitzeln. Eine Art von Verfremdungseffekt, die Brecht seinerzeit für die Bühnen postulierte. Nun taucht ein solches Bambi in der Inszenierung von Jark Pataki in Brechts und Weills Dreigroschenoper auf und liefert den perfekten Einstieg: der kindlich schiefe Trällerton, in dem das erste Lied den Eingang in den unverzückten Gehörgang der Zuschauer findet, verhindert jede Einfühlung. Der Zuschauer ist sich sofort gewiss: Man hat es hier mit Brecht zu tun und mit der Gegenwart. Pataki verbindet die berühmte Melodie und die bekannte Methode mit der aktuellen Art Theater zu machen und antwortet auf die Frage, ob die Dreigroschenoper noch zu retten sei mit einem „ja, das geht!“. Die Verfremdungseffekte werden weiterhin durch akrobatische und tänzerische Elemente gespeist, die das naturalistische Spiel durchdringen und das sich nur minimal verändernde Bühnenbild beleben. Die Schauspieler brillieren in den einzelnen Rollen (wenn auch nicht unbedingt als harmonisches Ensemble), wobei mir persönlich die Darstellung von Celia Peachum am besten gefiel. Da das Ende des Stücks meiner Meinung nach das Beste ist, war ich froh, dass die Inszenierung mit dem ausschließlich wundervoll eingesetzten Licht genügend Raum für den bravourösen Schlussgesang ließ. Weil man um Brecht momentan auf keinen Fall vorbei kommt, sollte man sich diese Dreigroschenoper am Schauspielhaus schleunigst in den Terminkalender schreiben.
Christina Elisabeth Schäfers
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