Montag, 26. April 2010

Haifisch ohne Gräten - Nicht Fisch, nicht Fleisch

Die Dreigroschenoper, Regie: Jarg Pataki, Deutsches Schauspielhaus Hamburg, Premiere 24.04.2010

Die Erwartung war groß. Weiße Gesichter waren vorab zu sehen. Abstraktion und Verfremdung also? Der Vorhang hebt sich. Und es darf gestaunt werden. Endlich mal wieder eine riesige Opera-Folie im Bühnenhintergrund. Projektionsfläche für eigene Gedanken, keine Videos. Soweit, so klassisch.
Der Horizont der Hoffnungen. So ließ auch der Anfang hoffen. Hatte sich der Zuschauer etwa in eine Wilson-Inszenierung verirrt? Schön wärs, dazu muss man dann doch noch nach Berlin fahren. Der Formalismus wurde dafür zu wenig durchgehalten. Was das da für Gestalten auf der Bühne sein sollten, blieb bis zum Schluss ungeklärt. Peachum, Lucy, Polly, Macheath. Alles austauschbare Wesen, nicht von dieser Welt. Tim Grobes Gesang war wie immer ein Ohrenschmaus. Auch die Musiker waren bestens aufgelegt. Sie waren Teil des Bühnenbilds. Liefen herum, weckten die untoten Gestrandeten zum Leben. Die Klarinette durfte jüdisch schmatzen. Dieser Kosmos, der da geöffnet wurde, schmeckte anfangs nicht schlecht. Doch er entpuppte sich allzu schnell als fade Konserve, die auch nicht mehr viel zu sagen hat und schnell zwischen den Felsbrocken, eckig und kantig, verpufft. Schade. Es muss ja nicht gleich zu einem Fünfzehncent-Event mutieren, doch ein bisschen mehr Stimmung, wie einst im St. Pauli Theater mit Ulrich Tukur wäre dann doch irgendwie schön gewesen. So blieb nicht viel mehr übrig, als der Strand, das Meer und die Luft, Puff. An einer Gräte konnte man sich so zumindest nicht verschluckten. L'art pour l'art. Goutieren kann mans, doch sollte man sich entscheiden was man will. Unterhaltung oder Gesellschaftskritik. Sonst bleibt am Ende wohlmöglich beides auf der staubigen Strecke.
Und der Haifisch, der hat Zähne, doch die zeigte er leider nicht.


Julian Struck

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