Freitag, 8. Oktober 2010

Robert Guiskard – Herzog der Unfertigen

Der Junge beäugt verwundert den Steinmetz, der ein großen Block Marmor umschreitet, diesen beklopft, dabei sogar abhorcht. Eine Woche später sucht der Junge die Werkstatt des Steinmetzes wieder auf. Dort wo zuvor noch der Marmorblock war, steht nun ein prächtiges marmornes Pferd. In seinem Staunen fragt der Junge : „Woher habt Ihr gewusst, dass es in dem Stück Stein war?“

So in etwa lautet eine Anekdote, die ich irgendwann, irgendwo in einem in die Geschichte der Philosophie einführenden Buch gelesen habe. Mit genau so einem Pferd hatte Heinrich von Kleist vor über 200 Jahren zu kämpfen. Kleist, sein Werk mehrmals verbrannt habend, weiß, dass etwas großes im Stein steckt. Doch der Stein ist zu hart, das Werkzeug nicht das Richtige, um die Gestalt filigran freizulegen, ihr Leben einzuhauchen. So neigte er sein Haupt.
Kleist unterlag der Macht des Werkes – oder vielmehr zerbrach er an den eigenen Ansprüchen. An folgender Aufforderung Wielands lässt sich mühelos ablesen, dass der Druck von außerhalb auch nicht gerade gering war: „Sie müssen Ihren Guiscard vollenden, und wenn der ganze Kaukasus und Atlas auf Sie drückte“ .

Laut Florian Vogel, Dramaturg des Stückes, habe auch das Produktionsteam sich an dieser Inszenierung fast die Zähne ausgebissen.
Wie will man das Fragment eines Theaterstückes, welches nur 12 Seiten umfasst, inszenieren ohne nach einer halben Stunde fertig zu sein? Regisseur Frank Hoffman bat dafür den Autor selbst auf die Bühne, lies ihn Briefe schreiben und Antworten verlesen, Dialoge und Selbstgespräche bestreiten, stellt sein verzweifeltes Ringen um Textgewinnung samt seiner Einsamkeit dar.
Dank dieser Zusammenführung entfaltet sich schön die Beziehung zwischen dem Werk und seinem Schöpfer, wobei das Werk zum Wesen wird, Macht über Kleist zu gewinnen beginnt. Der Verfasser verschwindet in seiner Schöpfung, ohne sie zu seiner Zufriedenheit hervorbringen zu können.

Trotz dieses raffinierten Einfalls bleibt es der Inszenierung damit zu kämpfen, dass die Figuren dünn sind, sie verbrannt wurden und so nur Idee bleiben dürfen.
Um dies zu kompensieren haben sich Kostüm- und Bühnenbildner damit befasst, eine historische Kulisse zu erstellen, in der es an wallenden Gewändern und Feuerschalen nicht fehlt.
Dennoch bleibt das Stück im Trüben, Zusammenhänge unschlüssig, da es schwer fällt, sich in die Handelnden hineinzudenken. Das Stück wirkt trotz allerhand betriebenem Aufwand leider etwas schemenhaft.
Kathrin Dittrich

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